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Lehrer im Interview: iPads in der Schule

Ulrike Boscher
Lehrer im Interview

Bekennender iPad-Fan: Manuel Brendle (StD) am Remstal-Gymnasium und Lehrer für Informatik, Mathematik und Physik (IMP). Er empfiehlt Schulen, den Einsatz von iPads gut zu planen. | Marlene Feller, LMZ

Im Interview mit Manuel Brendle: iPads im Unterricht

Der Hype um iPads ist groß – auch an Schulen. Sind sie erst gekauft, stellt sich häufig die Frage: Und jetzt? Wir haben mit Manuel Brendle über technische und pädagogische Aspekte beim Einsatz von iPads gesprochen. Als Lehrer am Remstal-Gymnasium weiß er die Vorteile von iPads zu schätzen, betont aber auch, dass das Unterrichten mit den mobilen Geräten kein Selbstläufer ist.

Das Remstal-Gymnasium verfügt über 400 iPads und mehrere Tablet-Koffer. Gehören Sie zur Liga der iPad-Fans oder unterrichten Sie lieber mit PCs oder analogen Medien?

Ich bin iPad-Fan und habe fast immer mein iPad dabei. Die Mehrzahl meiner Kolleginnen und Kollegen nutzt ebenfalls iPads im Unterricht.

Auf was sollten Schulen unbedingt achten, bevor sie iPads einsetzen?

Vor dem Einsatz von iPads in der Schule steht ein langer Entwicklungsprozess, das fängt beim Medienentwicklungsplan an, geht über die Finanzierung bis hin zur Betreuung der Geräte. In der Praxis gibt es verschiedene Anwendungsszenarien, die man sich vorher überlegen sollte.

iPads kaufen und loslegen. Ganz so einfach ist es nicht, oder?

Absolut nicht. Es ist nicht damit getan, initial zu starten, iPads in der Klasse auszuteilen und zu glauben, damit sei alles erledigt. Mit zunehmender Anzahl der Geräte steigen auch die Anfragen und Probleme.

„Es ist nicht damit getan, initial zu starten, iPads in der Klasse auszuteilen und zu glauben, damit sei alles erledigt.“

Wer kümmert sich am Remstal-Gymnasium um die iPad-Betreuung?

An unserer Schule haben wir eine Lehrkraft, die als Vor-Ort-Ansprechpartner sowohl den Schülerinnen und Schülern als auch den Lehrkräften bei Problemen hilft und die Verteilung der Geräte übernimmt, ähnlich wie das bei den analogen Schulbüchern der Fall ist. Das Kreismedienzentrum stellt uns im Hintergrund ein Mobile-Device-Management-System zur Verfügung, das wir für die Verwaltung der Geräte nutzen.

Worin liegen die Vorteile von iPads im Unterricht?

Wenn die technischen Rahmenbedingungen stimmen, kann man mit iPads völlig unkompliziert das Internet in jedes Klassenzimmer bringen. Die Lehrkraft reserviert einen iPad-Koffer mit 15 Geräten, nimmt ihn mit in den Unterricht und teilt die Geräte aus. Innerhalb weniger Minuten haben die Schüler/-innen ein internetfähiges Gerät, können recherchieren und Übungen durchführen. Auch Medienproduktionen gelingen mit iPads relativ einfach. Unsere Schülerinnen und Schüler erstellen kleinere Filme, sprechen Texte ein und machen Bilder. Manchmal arbeiten sie mit ihren iPads auch außerhalb der Klassenzimmer, auf den Fluren oder auf dem Schulhof weiter. Man ist einfach viel flexibler und schneller als etwa im Computerraum.

Nutzen Sie auch Apps im Unterricht?
Ja. Ich unterrichte die Fächer Informatik, Mathematik und Physik (IMP). Insbesondere in Mathe nutze ich sehr gerne die ANTON-App, die das LMZ über SESAM kostenfrei zur Verfügung stellt. Die App bietet viele und gute Mathe-Aufgaben, die auf die Bildungspläne abgestimmt sind. Auch viele meiner Kolleginnen und Kollegen nutzen ANTON, weil das Lernportal für fast alle Fächer und Klassenstufen Lern- und Fördermaterialien mit Übungen und interaktiven Erklärungen bereithält. ANTON ist auf iPads gut bedienbar. Allerdings ziehe ich bei Geometrie-Aufgaben und Tabellenkalkulationen den Computerraum oder Laptops vor -  iPads sind hierfür nur bedingt geeignet.

Unterrichtet gerne mit IPads. Manuel Brendle nutzt hierfür die Classroom-App und ein Mobile Device Management. Zusätzliche Unterstützung erhält das Remstal-Gymnasium vom zuständigen Kreismedienzentrum Rems-Murr-Kreis. | Marlene Feller, LMZ

„Ich versuche, alle Möglichkeiten Quatsch zu machen, zu sperren.“

Macht Lernen mit iPads mehr Spaß?

Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass iPads mehr Lust auf Lernen machen. Die bloße Bereitstellung digitaler Geräte garantiert nicht automatisch mehr Engagement und Lernmotivation. Es hängt stark von der Aufgabenstellung ab. Durch geschickte Nutzung von Apps können Lehrkräfte aber das Lernen abwechslungsreicher gestalten. Mit der App „Book Creator“ können die Schülerinnen und Schüler aus einem Text ein eigenes Buch kreieren und mit Comic-Apps lassen sich Gedanken und Recherchen sehr schön als Comics darstellen. Das motiviert schon viele.

iPads können auch ablenken. Vereinbaren Sie in der Klasse Verhaltensregeln oder setzen Sie lieber auf Technik?

Für mich gibt es nur eine Strategie: Ich versuche, alle Möglichkeiten Quatsch zu machen, zu sperren. Hierfür nutze ich die Classroom-App. Ich kann damit vorgeben, dass alle Schüler/-innen nur mit einer einzigen App arbeiten dürfen oder ich kann mir anzeigen lassen, wer was gerade macht. Meistens übertrage ich die Miniaturansicht aller Schüler/-innen-iPads auf den Beamer. Das ist in der Praxis Abschreckung genug (lacht).

Wie funktioniert die Classroom-App?

Die App „Classroom“ unterstützt Lehrkräfte, iPad-Klassen gut durch den Unterricht zu führen. Dazu gehören Funktionen zur Organisation von Unterrichtsmaterial, Bildschirmübertragungen, Sperr- und Kontrollfunktionen, Hybrid- und Fernunterricht. Über die Classroom-App und ein Mobile Device Management werden die iPads gemanagt und verwaltet. Das läuft bei uns zentral über das Kreismedienzentrum im Landkreis. Durch diesen Service sind die iPads immer aktuell und gut für den Unterricht vorbereitet.

Ohne Schulungen und Eigeninitiative geht es nicht

Wie wurden Ihre Kolleginnen und Kollegen auf den didaktischen Einsatz mit iPads vorbereitet?

Wer mit iPads unterrichtet, sollte sich mit der Classroom-App auskennen. Vor allem in der Oberstufe ist die App essenziell, weil ganze Klassen 1:1 mit iPads ausgestattet sind. Leider ist die App nicht immer intuitiv, das heißt, Lehrkräfte sollten sich damit beschäftigen.

Wie machen sich die Lehrkräfte an Ihrer Schule fit? In eigener Regie oder mit Fortbildungen?

Am Anfang erhielten alle Kolleginnen und Kollegen für ihr iPad eine verpflichtende Grundeinweisung. Inzwischen bietet ein Kollege, der Ansprechpartner für iPads ist, schulinterne Fortbildungen zur „Classroom-App“ an. Diese sind freiwillig. Das Ganze ist kein Selbstläufer. Das Kollegium braucht Zeit, muss sich immer wieder in Neues einarbeiten, um am „Ball zu bleiben“. Anders geht es leider nicht.

Das iPad – mein digitaler Ordner

Hefte, Aufschriebe und Notizen in einem iPad. Funktioniert das? Wie sieht es mit digitaler Ordnung und Struktur aus?

Es funktioniert, wie unser letzter Abi-Jahrgang zeigt. Die Schülerinnen und Schüler arbeiteten zwei Jahre lang mit iPads und absolvierten dann ihr Abitur. Am Ende hatten sie alles auf ihren iPads wie Bücher, Aufschriebe und Arbeitsblätter. Klassische Hefte gab es keine mehr. Zur Strukturierung ihrer Aufschriebe nutzen fast alle die Notizen-App „Goodnotes“. Damit haben die Schülerinnen und Schüler auch Arbeitsblätter, Hausaufgaben an den richtigen Stellen im Text integriert. Mit der Suche von „Goodnotes“ findet man fast alles wieder – selbst bei schlechter Strukturierung. Lehrkräfte verwenden „Goodnotes“ für Tafelaufschriebe. Das hat den Vorteil, dass wir schnell auf ältere Tafelaufschriebe zurückgreifen können.

Nutzen Sie auch digitale Bewertungs-Tools, um Ihren Schülerinnen und Schülern individuelles Feedback zu geben?

Leider nein. Die ganze Individualisierung ist tatsächlich noch eine Baustelle. Wir sind noch nicht so weit, dass wir mit geeigneten Tools individuelle Aufgabenstellungen generieren und Feedback geben können. Aber viele Verlage arbeiten in diese Richtung und haben bereits erste Angebote und auch das Land hat das Thema „datengestütztes Feedback“ bereits auf der Agenda.

Lehrer Manuel Brendle im Portrait.

Am Remstal-Gymnasium in Weinstadt arbeitete ein ganzer Abi-Jahrgang mit iPads. Am Ende waren alle Aufschriebe digital. | Marlene Feller, LMZ

Bitte vervollständigen Sie zum Schluss folgende Sätze:

  • Wer mit iPads unterrichten möchte, sollte unbedingt darauf achten, dass …
    „… man sich vorher gut mit den Chancen und Grenzen von digitalen Geräten auseinandersetzt und prüft, ob die Geräte für die jeweilige Unterrichtssituation auch einen Gewinn für die Schülerinnen und Schüler bringen.“
  • Viele meiner Kolleginnen und Kollegen lieben iPads, weil …
    „…sie sehr zuverlässig funktionieren und relativ einfach zu bedienen sind.“
  • Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass iPads in der Schule …
    „… automatisch zu besserem Unterricht führen.“

 

Lieber Herr Brendle, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Kostenfrei über die SESAM-Mediathek: „ANTON“ und weitere Lernportale

Im Interview wurde die „ANTON“-App an einigen Stellen erwähnt. „ANTON“ sowie die Lernportale „Onilo“ und „Diagnose und Fördern“ dienen dazu Lernrückstände auszugleichen und unterstützen dabei, Kompetenzen auszubauen und zu stärken! Ob vereinfachte Diagnosen, zielgerichtetes Lernmaterial oder das spielerische Selbstlernen – als SESAM-User/-in können Sie die Lernportale kostenlos über die SESAM-Mediathek nutzen und Ihren Schüler/-innen zur Verfügung stellen. Weitere Informationen dazu finden Sie unter:

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Ulrike Boscher

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